Die Finnen sind bekanntlich seit Jahren auf den ersten Plätzen bei PISA. Doch das ist kein Grund für das finnische Ministerium für Bildung, sich auf dem Erfolg auszuruhen. Stattdessen suchen sie laufend nach neuen Möglichkeiten, ihr Schulsystem zu verbessern und an die sich ständig verändernde Welt anzupassen. Im Frühjahr 2017 verabschiedeten sie erneut Pläne für eine umfassende Reform der „Upper Secondary School“ – also des Gymnasiums für Schüler ab 16 Jahren.
Dazu ein kurzer Überblick zur Struktur des finnischen Bildungssystems: Für neun Jahre besuchen alle Schüler die Einheitsschule – es gibt keine Trennung auf verschiedene Niveaus, wie in Deutschland. Anschließend können die Schüler ins Berufsleben einsteigen oder auf das Gymnasium gehen. 95% der Schüler entscheiden sich für den weiteren Bildungsweg auf dem Gymnasium. Das finnische Gymnasium teilt sein Schuljahr in fünf Abschnitte, die sieben bis acht Wochen umfassen und die Belegung von durchschnittlich fünf Kursen ermöglichen. Um das Gymnasium erfolgreich abzuschließen, müssen die Schüler 75 Kurse bestehen – dafür brauchen sie zwei bis fünf Jahre.
Für mehr Flexibilität und Individualität
Formal gesehen sammeln die Schüler zukünftig 150 Credits, anstatt Kurse, wobei sie rein rechnerisch zwei Credits pro Kurs erhalten. Durch die Einführung der Credit-Rechnung soll die altbekannte Aufteilung in Fächer aufgebrochen werden, indem Kooperationen zwischen einzelnen Fächern entstehen, die sich an den übergeordneten Modulen orientieren. Eine gänzliche Auflösung der Schulfächer – wie zuletzt in den Medien verbreitet – bedeutet dies noch nicht, sondern eine engere Vernetzung zwischen den Fächern und Kursen.
So erklärt es das Ministerium auf seiner Webseite: „General upper secondary schools could provide more extensive study modules crossing subject boundaries more freely than before. This would help students deepen their competence in areas required for example in further studies or working life.“
Chancengleichheit und internationale Vernetzung werden gestärkt
Gymnasien in Finnland werden zukünftig Kooperationen mit Berufsschulen und Universitäten eingehen, um den Übergang zwischen den Institutionen zu erleichtern. Außerdem soll jedem Schüler die Möglichkeit geboten werden, internationale Erfahrungen zu sammeln. Dadurch wird die Vernetzung innerhalb der Bildungsbranche sowie auf wirtschaftlicher und nicht zuletzt internationaler Ebene gestärkt.
Das baut Leistungsdruck ab: Schüler können Prüfungen so oft wiederholen, wie sie wollen. Damit wird die bisherige Regel aufgehoben, dass jede Prüfung nur einmal wiederholt werden kann. Außerdem hat jeder Schüler zukünftig das Recht, „special-needs education“, also Unterstützung bei besonderen Bedürfnissen, zu erhalten. Zu Beginn der gymnasialen Schulzeit wird in Gesprächen mit den Lehrern ein individueller Lehrplan erstellt und Kompetenzen, die außerhalb des Gymnasiums erworben werden, sollen Anerkennung und Förderung erfahren. All diese Maßnahmen führen zu einer größeren Chancengleichheit für alle Schüler.
Finnland geht mit dieser Reform einen weiteren Schritt in Richtung eines zukunftsfähigen Schulsystems, dass die individuelle Bildung und Chancengleichheit fokussiert und seine Schüler auf einen zunehmend flexiblen und veränderlichen Arbeitsmarkt vorbereitet. Zweifellos kann sich das deutsche Bildungssystem eine dicke Scheibe davon abschneiden – der Bedarf für Neuerungen ist jedenfalls groß.
Quellen:
https://minedu.fi/en/reform-of-general-upper-secondary-education
www.oph.fi
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