Es gibt einen ganz einfachen Grund, warum Smart-TVs heute so preiswert sind: Sie sammeln und verkaufen Nutzerdaten. Kauft man in naher Zukunft also einen auffallend günstigen Smart-TV, kann es durchaus sein, dass man einen Teil des Verkaufspreises mit seinen Daten zurückzahlen soll. Technologischer Fortschritt, der nicht von einer Preiserhöhung begleitet wurde – das hätten wir nicht übersehen dürfen.
Smart-TV: Fernseher der Zukunft oder Datenspion?
Nach den Mobiltelefonen sind jetzt auch Fernseher „smart“ geworden. Immer mehr Konsumenten genießen die Vorteile von TV und Internet in Einem. Besitzer moderner Fernsehgeräte können dank Smart-TV eine Vielzahl von Funktionen und Angeboten nutzen. Ein Druck auf den „Red Button“ auf der Fernbedienung und die volle Bandbreite an Möglichkeiten steht zur Verfügung.
Online-Videotheken, Chats, Spiele und App-Stores, aus denen zahlreiche, weitere Programme heruntergeladen werden können – der Fernseher wird mehr und mehr als das genutzt, was er technisch gesehen schon lange ist: ein Computer mit großem Monitor. Über die Dienstleistung „Smart-TV“ gelangen jedoch nicht nur Informationen vom Sender an die Zuschauer, sondern auch in die umgekehrte Richtung. Im Internet ist es Gang und Gebe, dass Nutzerdaten erfasst und weitergegeben werden. Beim Fernsehen hingegen ist es in dieser Form neu.
Die Namen der digitalen Beobachter beim Smart-TV: HbbTV und ACR
Um zu verstehen, was bei der Nutzungserfassung auf Smart-TV-Geräten geschieht, hilft ein Blick auf die Technik. Hersteller von Smart-TVs und Sender verwenden für ihre Angebote den europäischen Standard namens „Hybrid broadband broadcast TV“, kurz „HbbTV“.
Um also aus dem laufenden Programm heraus die jeweilige Mediathek, die Programmvorschau oder den Videotext im modernen Design aufzurufen, müssen Daten getauscht werden. In dem Fall zwischen dem Fernsehgerät und einem Internetserver. HbbTV macht es dem Sender möglich, Nutzungszeiten oder Hintergrundanwendungen auf dem Gerät zu erfassen. Dank einer weiteren Technologie, der Automatic Content Recognition, kurz ACR, kann sogar der Bildschirminhalt analysiert werden. Mittels eines akustischen Fingerabdrucks kann erfasst werden, was dem Nutzer gefällt und was nicht.
Das Geschäft mit den Daten – Smart-TV-Nutzer sind häufig ahnungslos
Viele Smart-TV-Geräte sind von Werk aus so eingestellt, dass sie bereits beim ersten Anschalten und beim bloßen Fernsehgucken Daten senden. Einige Sender beschränken sich auf eine anonymisierte Erfassung von Daten zu Statistikzwecken. Doch insbesondere private Sender stehen in der Kritik, mehr Daten als nötig zu erfassen und diese an Gerätehersteller und umstrittene Unternehmen wie „Google Analytics“ zu verkaufen. So können, neben Analysen von TV- und Internetverhalten, auch Profile über Tagesabläufe, Nutzungsgewohnheiten und persönliche Interessen erstellt werden. Insbesondere für die Werbeindustrie ist die bereits erwähnte Technologie ACR sehr interessant: Auftraggeber von Werbespots können ja bisher kaum nachprüfen, ob ihre teuren Spots überhaupt beim Kunden ankommen. Dank dieser Identifizierungs-Methode schon.
Smart-TV-Hersteller gibt zu: das Sammeln von Daten ist längst ein wichtiger Geschäftsbestandteil
Bill Baxter, technischer Direktor von „Vizio“, einem erfolgreichen, amerikanischen Hersteller von günstigen Smart-TVs, verteidigte in einem längeren Interview mit „The Verge“ sogar die Datensammelwut:
„Das Geschäft mit TV-Geräten ist aufgrund der geringen Marge von etwa sechs Prozent ein Halsabschneider-Geschäft. Würde man auf die Einnahmen durch Inhaltevertrieb, Werbung und Datengeschäfte verzichten, müsste man deutlich höhere Preise verlangen.“
Dabei musste das Unternehmen 2015 erst 2,2 Millionen Dollar Strafe zahlen, da es gesammelte Kundendaten an Werbeanbieter verkauft hat. Laut dem Wirtschaftsmagazin Forbes soll das Geschäft mit ACR-Daten bis 2021 auf fünf Milliarden Dollar Umsatz steigen.
Smart-TV-Nutzer bezahlen mit ihrer Privatsphäre
Vielen Anwendern ist nicht bekannt, dass bestimmte Funktionen deaktiviert werden können. Seriöse Sender, die es mit dem Datenschutz ernst meinen, ermöglichen dem Nutzer eine Deaktivierung von sogenannten „Cookies“. Es sollte jedoch nicht zu viel verlangt sein, dem zukünftigen Smart-TV-Nutzer schon vor dem Kauf umfassende Informationen darüber zu geben, dass ihr Gerät ein potentieller Datenspion ist. Außerdem sollten Anwender selbst entscheiden können, was sie von sich preisgeben wollen.
Die Werkseinstellungen sollten bestenfalls so gestaltet sein, dass ohne Einwilligung und ohne ausführliche und verständliche Informationen keine Daten des Käufers übertragen werden können bzw. zu einem späteren Zeitpunkt widerrufen werden können. Aktuell sind die meisten Smart-TV-Nutzer jedoch unzureichend informiert. Sie haben noch nicht erkannt, dass das Hauptinteresse der Unternehmen darin besteht, auf stille und hinterlistige Art und Weise Marketing zu betreiben und den Zuschauer damit gezielt zu beeinflussen. Ob der deutsche Kunde allerdings bereit wäre, für den Schutz seiner Daten höhere Gerätepreise zu akzeptieren, ist dann doch zweifelhaft.
Quellen:
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